Chergé, Christian: Unterschied zwischen den Versionen

 
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1961 kehrte Chergé nach Frankreich zurück. Nach dem Theologiestudium wurde er am 21. März 1964 in Paris zum Priester geweiht und Kaplan der Basilika »Sacré Cœur« auf dem Montmartre. Fünf Jahre später, am 20. August 1969, dem Fest des hl. [[Bernhard von Clairvaux]], trat er in das Noviziat der [[Aiguebelle|Abtei Notre-Dame d’Aiguebelle]] der Reformierten Zisterzienser (Trappisten) in Südostfrankreich ein. Am 15. Januar 1971 ging er wieder nach Algerien in das Bergkloster ''Notre-Dame de l'Atlas'' in Tibhirine bei Médéa, 90 km südlich von Algier im Atlasgebirge, einer Tochtergründung von Aiguebelle (1938). Von 1972 bis 1974 studierte er in Rom und legte am 1. Oktober 1976 in Tibhirine die ewige Profess ab. 1984 wurde er zum Titularprior des Klosters gewählt, dessen Mönche als Ärzte und Lehrer in der überwiegend islamisch geprägten Umgebung arbeiteten.
 
1961 kehrte Chergé nach Frankreich zurück. Nach dem Theologiestudium wurde er am 21. März 1964 in Paris zum Priester geweiht und Kaplan der Basilika »Sacré Cœur« auf dem Montmartre. Fünf Jahre später, am 20. August 1969, dem Fest des hl. [[Bernhard von Clairvaux]], trat er in das Noviziat der [[Aiguebelle|Abtei Notre-Dame d’Aiguebelle]] der Reformierten Zisterzienser (Trappisten) in Südostfrankreich ein. Am 15. Januar 1971 ging er wieder nach Algerien in das Bergkloster ''Notre-Dame de l'Atlas'' in Tibhirine bei Médéa, 90 km südlich von Algier im Atlasgebirge, einer Tochtergründung von Aiguebelle (1938). Von 1972 bis 1974 studierte er in Rom und legte am 1. Oktober 1976 in Tibhirine die ewige Profess ab. 1984 wurde er zum Titularprior des Klosters gewählt, dessen Mönche als Ärzte und Lehrer in der überwiegend islamisch geprägten Umgebung arbeiteten.
  
In der Nacht vom 26. zum 27. März 1996 wurden Dom Christian de Chergé und sechs weitere französische Mönche (P. [[Lebreton, Christophe|Christophe Lebreton]], Br. Michel Fleury, P. Bruno Lemarchand, P. Célestin Ringeard, Br. Paul Favre-Miville und der Konversbruder und Arzt Luc Dochier) aus ihrem Kloster verschleppt und enthauptet. Ihre Köpfe wurden acht Wochen später in der Nähe von Medéa gefunden. Die radikale »Groupes Islamiques Armés« (GIA), eine extremistische Splittergruppe, bekannte sich zu der Tat.
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In der Nacht vom 26. zum 27. März 1996 wurden Dom Christian de Chergé und sechs weitere französische Mönche (P. [[Lebreton, Christophe|Christophe Lebreton]], Br. Michel Fleury, P. Bruno Lemarchand, P. Célestin Ringeard, Br. Paul Favre-Miville und der Konversbruder und Arzt Luc Dochier) aus ihrem Kloster verschleppt und enthauptet. Ihre Köpfe wurden acht Wochen später in der Nähe von Medéa gefunden. Die radikale »Groupes Islamiques Armés« (GIA), eine extremistische Splittergruppe, bekannte sich zu der Tat. Die drei überlebenden Mitglieder des Konvents verließen Algerien und schlossen sich dem Trappistenkonvent im marrokkanischen Fes an. Das Kloster Tibhirine ist bis heute verwaist.
  
Die drei überlebenden Mitglieder des Konvents verließen Algerien und schlossen sich dem Trappistenkonvent im marrokkanischen Fes an. Das Kloster Tibhirine ist bis heute verwaist.
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Chergé, der den Islam seit seiner Kindheit kannte, setzte sich sehr für den christlich-muslimischen Dialog ein. Er war Mitglied des von den benediktinischen Orden (OSB, OCist und OCSO) initiierten Forums »Dialogue interreligieux monastique« (DIM). Sein wahrscheinlich am 6. Januar 1994 aus früheren Niederschriften zusammengestelltes, an Pfingsten 2006 (26. Mai) eröffnetes Testament zählt, obwohl nur ein kurzer Text, heute zu den Klassikern moderner religiöser Literatur. Der schriftliche Nachlass Chergés, der vor allem Betrachtungen über die Gemeinschaft der Heiligen und die Eschatologie hinterlassen hat, wird heute von der Abtei Aiguebelle verwaltet und veröffentlicht.
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Am 8. Dezember 2018 wurde er gemeinsam mit zwölf weiteren Ordensleuten, die in Algerien bei Anschlägen getöten wurden, seliggesprochen.  
  
Chergé, der den Islam seit seiner Kindheit kannte, setzte sich sehr für den christlich-muslimischen Dialog ein. Er war Mitglied des von den benediktinischen Orden (OSB, OCist und OCSO) initiierten Forums »Dialogue interreligieux monastique« (DIM). Sein wahrscheinlich am 6. Januar 1994 aus früheren Niederschriften zusammengestelltes, an Pfingsten 2006 (26. Mai) eröffnetes Testament zählt, obwohl nur ein kurzer Text, heute zu den Klassikern moderner religiöser Literatur. Der schriftliche Nachlass Chergés, der vor allem Betrachtungen über die Gemeinschaft der Heiligen und die Eschatologie hinterlassen hat, wird heute von der Abtei Aiguebelle verwaltet und veröffentlicht.
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* [http://www.ocso.org/HTM/testc-vv.htm Das Testament von Christian de Chergé] (mehrsprachig, auch Deutsch).
 
* [http://www.ocso.org/HTM/7atls-en.htm Informationen über die sieben Mönche von Tibhirine auf der internationalen Website des OCSO].
 
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Aktuelle Version vom 18. Dezember 2018, 11:23 Uhr

Christian de Chergé OCSO

Christian-Marie de Chergé OCSO

Titularprior von Notre-Dame de l'Atlas in Tibhirine, Algerien

* 18. Jan. 1937 Colmar, Elsass
† 21. Mai 1996 Algerien

Christian de Chergé war der Sohn eines französischen Berufssoldaten. Er stammte aus vornehmer aristokratischer Familie (Wappenspruch semper recte) und hatte sieben Geschwister. Während des zweiten Weltkriegs lebte die Familie drei Jahre in Algerien, wo Christian später während des Algerienkrieges ebenfalls als Offizier seinen Militärdienst leistete.

Da er schon seit seinem achten Lebensjahr Priester werden wollte, trat Chergé am 6. Oktober 1956 in das Seminar der Karmeliten in Paris ein. 1959 wurde sein Studium unterbrochen, als der algerische Unabhängigkeitskrieg ausbrach. Chergé wurde als Offizier zum Militärdienst einberufen und nach Algerien geschickt.

Während dieser Zeit hatte Christian, wie sein Bruder Hubert berichtet, sein Damaskus-Erlebnis, als ein muslimischer Freund ihm 1959 das Leben rettete, der zwei Tage später tot aufgefunden wurde– erschlagen von radikalen Landsleuten. Das Lebensopfer des Freundes habe Pater de Chergé später rückblickend als die größte Liebeserfahrung seines Lebens bezeichnet und ihn in seinem Entschluss, Mönch zu werden, bestärkt.

1961 kehrte Chergé nach Frankreich zurück. Nach dem Theologiestudium wurde er am 21. März 1964 in Paris zum Priester geweiht und Kaplan der Basilika »Sacré Cœur« auf dem Montmartre. Fünf Jahre später, am 20. August 1969, dem Fest des hl. Bernhard von Clairvaux, trat er in das Noviziat der Abtei Notre-Dame d’Aiguebelle der Reformierten Zisterzienser (Trappisten) in Südostfrankreich ein. Am 15. Januar 1971 ging er wieder nach Algerien in das Bergkloster Notre-Dame de l'Atlas in Tibhirine bei Médéa, 90 km südlich von Algier im Atlasgebirge, einer Tochtergründung von Aiguebelle (1938). Von 1972 bis 1974 studierte er in Rom und legte am 1. Oktober 1976 in Tibhirine die ewige Profess ab. 1984 wurde er zum Titularprior des Klosters gewählt, dessen Mönche als Ärzte und Lehrer in der überwiegend islamisch geprägten Umgebung arbeiteten.

In der Nacht vom 26. zum 27. März 1996 wurden Dom Christian de Chergé und sechs weitere französische Mönche (P. Christophe Lebreton, Br. Michel Fleury, P. Bruno Lemarchand, P. Célestin Ringeard, Br. Paul Favre-Miville und der Konversbruder und Arzt Luc Dochier) aus ihrem Kloster verschleppt und enthauptet. Ihre Köpfe wurden acht Wochen später in der Nähe von Medéa gefunden. Die radikale »Groupes Islamiques Armés« (GIA), eine extremistische Splittergruppe, bekannte sich zu der Tat. Die drei überlebenden Mitglieder des Konvents verließen Algerien und schlossen sich dem Trappistenkonvent im marrokkanischen Fes an. Das Kloster Tibhirine ist bis heute verwaist.

Chergé, der den Islam seit seiner Kindheit kannte, setzte sich sehr für den christlich-muslimischen Dialog ein. Er war Mitglied des von den benediktinischen Orden (OSB, OCist und OCSO) initiierten Forums »Dialogue interreligieux monastique« (DIM). Sein wahrscheinlich am 6. Januar 1994 aus früheren Niederschriften zusammengestelltes, an Pfingsten 2006 (26. Mai) eröffnetes Testament zählt, obwohl nur ein kurzer Text, heute zu den Klassikern moderner religiöser Literatur. Der schriftliche Nachlass Chergés, der vor allem Betrachtungen über die Gemeinschaft der Heiligen und die Eschatologie hinterlassen hat, wird heute von der Abtei Aiguebelle verwaltet und veröffentlicht.

Am 8. Dezember 2018 wurde er gemeinsam mit zwölf weiteren Ordensleuten, die in Algerien bei Anschlägen getöten wurden, seliggesprochen.

gge, Dez. 2006


Schriften:

 
  • L’Algerie devant Dieu. Rom: Päpstliches Institut für Arabische Studien, 1974
  • L’invincible espérance., Briefe und Mitteilungen von Christian de Chergé, zusammengestellt und herausgegeben von Bruno Chenu. Paris: Bayard/Centurion, 1997.
  • Dieu pour tout jour: Chapitres de Père Christian de Chergé à la communauté de Tibhirine (1986–1996). (Cahiers de Tibhirine 1). Abbaye d’Aiguebelle, [2004].
 

Literatur:

 
  • Mireille Duteil: Les martyrs de Tibhirine. Turnhout: Brepols, 1996.
  • Bruno Chenu (Hrsg.): Sept vies pour Dieu et l'Algérie. Paris: Bayard/Centurion, 1996. (Eine Sammlung von Texten der Mönche)
  • Robert Masson: Tibhirine: Les veilleurs de l'Atlas. Paris: Cerf/Saint-Augustin, 1997.
  • Olivera, Bernardo OCSO: Unsere Brüder von Atlas: Zeugen für Christus im muslimischen Algerien. Langwaden: Bernardus, 1999.
  • Pennington, Basil OCSO: The Cistercian martyrs of Algeria 1996. In: Encounter Nr. 233. Rom, PISAI, 1997
  • Marie-Christine Ray: Christian de Chergé, Prieur de Tibhirine. Paris: Bayard/Centurion 1998
  • Lebreton, Christophe OCSO: Le Souffle du don: Journal du frère Christophe, moine de Tibhirine. Paris: Bayard/Centurion, 1999.
  • Bernardo Olivera OCSO: Mönch, Märtyrer und Mystiker: Christian de Chergé (1937–1996).In: Erbe und Auftrag 76, Beuron, 2000 (Erstveröffentlichung als Moine, martyr et mystique: Christian de Chergé (1937–1996). In: »Collectanea cisterciensia« 60 (1998) 4, 279–294)
  • René Guitton: Si nous nous taisons…: Le martyre des moines de Tibhirine. Paris: Calmann-Lévy, 2001.
  • John W. Kiser: Die Mönche von Tibhirine. Interlaken, Schweiz: Ansata, 2002.
 

Normdaten:

GND: 120600994 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Chergé, Christian, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 18.12.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Cherg%C3%A9,_Christian

Vorlage:Page.name: CHERGÈ, Christian de OCSO (1937–1996) – Biographia Cisterciensis