Chenevière, Etienne

Étienne Chenevière OCSO

Étienne Chenevière OCSO

6. Abt von La Trappe 1946–1949

* 09. Sep. 1906 Vitré, Bretagne
† 21. Sep. 1972 Toulouse, Haute-Garonne

Marie-Étienne Chenevière, Taufname Lucien, wurde 1906 im bretonischen Vitré geboren. Sein Vater fiel als Offizier im Ersten Weltkrieg, die Mutter ging dann mit ihren beiden Kindern zurück zu ihren Eltern nach Saint-Aubin-du-Cormier (Ille-et-Villaine). Dort besuchte Lucien die Volksschule und trat im Oktober 1918 in das seraphische (franziskanische) Collège in La Mézière ein; von dort aus wechselte er im folgenden Jahr nach Limburg in den Niederlanden. Im August 1923 trat er in das Noviziat der Franziskaner ein, wechselte aber nach dem Militärdienst in Deutschland in die Zisterzienserabtei strengerer Observanz La Trappe in Soligny (Normandie). Am 11. April 1930 wurde er dort als Chornovize fr. Étienne eingekleidet und legte am 29. April 1935 die feierliche Profess ab. Am 21. Dezember desselben Jahres zum Priester geweiht, wurde er Kantor und mit der religiösen Unterweisung der Konversen (Laienbrüder) beauftragt. 1936 schickten ihn seine Oberen zum Studium nach Rom.

In Rom befasste er sich mit der Lebensgeschichte des später seliggesprochenen Marie-Joseph Cassant, über die er sein erstes Buch L’âme cistercienne du Père Marie-Joseph Cassant schrieb (Bellegarde, 1938). Danach lehrte er in La Trappe Theologie, bis er nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges als Unteroffizier in einem Artillerieregiment zum Militär einberufen wurde und 1940 in Gefangenschaft kam, die er zunächst in Österreich, dann in Deutschland (Frankfurt am Main) verbrachte. Der Vormarsch der Amerikaner brachte ihm 1945 die Freiheit. Nach La Trappe zurückgekehrt, wurde er dort Subprior und Studienmagister und am 7. November 1945 zum Abt der seit 1939 vakanten Abtei gewählt.

Mit Energie machte sich der Neugewählte an die spirituelle und materielle Neuausrichtung der Abtei (im Sinne einer strengeren Regelobservanz), konnte aber nicht alle Konventualen von seinen Umgestaltungsplänen überzeugen. Man warf ihm einen autoritären Führungstil vor. Nachdem ihm der Cellerar die Gefolgschaft verweigert hatte, nahm sich das Generalkapitel 1949 der Situation an. Abt Chenevière erklärte am 15. September 1949 seinen Rücktritt (»pour un motif grave, mais nullement infamant«) und übernahm die Stelle eines Hausgeistlichen im Frauenkloster Laval (La Coudre). Dort blieb er acht Jahre. Während dieser Zeit verfasste er eine Anleitung zum kontemplativen Leben, die 1970 unter dem Titel Les Portes du Silence gedruckt wurde. Er war außerdem als Exerzitienleiter vielfach auch außerhalb des Klosters gefragt, u.a. in der Kartause La Valsainte in der Schweiz. Mehrfach versuchte er, dort einzutreten, blieb aber ohne Erfolg.

1957 ging er als Studienmagister an das Generalatshaus des Ordens in Rom, legte dieses Amt wegen Differenzen mit dem Generalabt (Gabriel Sortais) im Mai 1958 nieder und trat am 16. Juli 1958 als Novize bei den Kamaldulenser-Eremiten in Frascati ein. Seine Erfahrungen dort verarbeitete er in dem Buch L’Ermitage, erschienen 1969. Im Februar 1959 gab er sein kamaldulensisches Intermezzo wieder auf und ging, nachdem sein Versuch der Rückkehr nach La Trappe am Widerstand des Abtes gescheitert war, nach Notre-Dame de Grâce de Bricquebec (Manche), wohin er am 15. August 1960 sein Gelübde der Ortsbeständigkeit (Stabilitas) übertrug. Dort legte er letzte Hand an sein Buch über den 2004 seliggesprochenen Marie-Joseph Cassant (L’attente dans le silence) und lehrte Philosophie.

Von Juli 1964 bis Dezember 1966 war er wieder im Auftrag des neuen Generalabts Ignace Gillet in Monte Cistello in Rom tätig. Nach Bricquebec zurückgekehrt, erlitt er einen ersten Herzinfarkt, erholte sich aber wieder und ging im September 1968 nach Sainte-Marie du Désert in Bellegarde-Sainte-Marie, Haute-Garonne, um dort sein Werk über Abt André Malet fertigzustellen, den Novizenmeister und spirituellen Begleiter von P. Joseph Cassant (Toi seul me suffis, Westmalle 1970).

Nachdem er 1970 bzw. 1971 noch die Klöster in Algerien und Madagaskar besucht hatte, erlitt Chenevière im September 1972 einen weiteren schweren Infarkt, dessen Folgen er am 21. September 1972 im Hôpital Purpan in Toulouse erlag.

gge, Sep. 2015, rev. April 2016


Daten:

Vest.: 11. April 1930; Prof.: sol. 29. April 1935; Sac.: 21. Dez. 1935; Abbas: el. 7. Nov. 1945, res. 15. Sep. 1949.

Werke:

L'attente dans les silence. Le Père Marie-Joseph Cassant. Brügge und Paris: Desclée de Brouwer, 1961, ²1981 · St. Aelred von Rievaulx : der kirchliche Lehrer der Freundesliebe, in: CistC 74 (1967), S. 93–96 · L'Ermitage : spiritualité du désert. Genève : C. Martingay ; [Paris] : [Éd. de la Source], 1969 · Toi seul me suffis : Dom André Malet, 1862–1936. Westmalle : Imprimerie de l'Ordre, [1970] · Les Portes du silence : directoire spirituel. Genève : C. Martingay ; [Paris] : [Éd. de la Source], 1970.

Literatur:

Guérout, Gérard: Dom Étienne Chenevière, in: COCR 36 (1974), S. 248–256 · L'abbaye Notre-Dame de la Trappe. Amis du Perche, [2001], S. 135–137.

Normdaten:

GND: 180707779 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Chenevière, Etienne, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 25.07.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Chenevi%C3%A8re,_Etienne

Vorlage:Page.name: CHENEVIERE, Etienne (Lucien) OCSO (1906–1972) – Biographia Cisterciensis