De Lannoy, Jacques

Jacques De Lannoy

Jacques De Lannoy

Delannoy, DeLannoy

Prior und Bibliothekar der Abtei Cîteaux

* 1629/30 Lille
† 4. Mai 1680

Jacques De Lannoy wurde in Lille geboren, studierte Theologie und wurde zum Priester geweiht. Nach einem kurzen Zwischenspiel bei den Jakobinern (Dominikanern), wandte er sich 1654 dem Hôtel-Dieu in Beauvais zu. Eine angebotene Pfarrstelle in der Diözese Tournai lehnte er ab. 1655 in der Zisterzienserabtei Cîteaux eingekleidet, legte er dort am 17. Oktober 1656 vor Abt Claude Vaussin die Profess ab. 1666 wurde er zum Novizenmeister bestellt, legte aber, einer strengeren Observanz zugeneigt, dieses Amt wegen der mangelnden Ernsthaftigkeit der Neuankömmlinge 1668 nieder. Der 1670 gewählte Abt Jean Petit ernannte ihn nach der durch den Vergiftungsversuch 1671 ausgelösten Krise zum Prior, als der er noch 1675 genannt wird.

Wie Carolus de Visch, Prior des Dünenklosters, der ihm in seinem Auctarium von 1665 ausdrücklich für die Zuarbeit dankt, durchforstete De Lannoy über einen Zeitraum von 25 Jahren unermüdlich Klosterarchive im In- und Ausland nach alten Manuskripten, kopierte seltene Texte, kollationierte Varianten und bemühte sich ständig, durch Kriegsereignisse oder andere Ursachen verstreute Manuskripte wiederzufinden. Dabei arbeitete er nicht nur mit seinem Landsmann De Visch zusammen, sondern vor allem auch mit gelehrten Bollandisten (Godefridus Henschius), Jesuiten (Pierre-François Chifflet) und der von ihm so genannten benediktinischen Trias[1] Luc d’Achery, Jean Mabillon und Louis Quatremaire, zu deren Veröffentlichungen (Spicilegium des Luc d’Achery ab 1655) er beitrug. Auch mit den Zisterzienserabteien stand er im Kontakt, der nicht zuletzt durch die in seinem Kloster Cîteaux stattfindenden Generalkapitel ermöglicht wurde.

1669 unternahm er eine mehrmonatige Forschungsreise, die ihn in die Abteien Nordfrankreichs (Royaumont, Froidmont, Lannoy, Beaupré, Foucarmont (19. März) und Flanderns führte (St. Peter in Gent (OSB), St. Martin in Löwen, Villers in Brabant). Dazu besuchte er die Bibliothek der Jesuiten in Antwerpen, war im Mai in Saint-Ghislain im Hennegau, Ende des Monats in seiner Heimatstadt Lille, die er aber aus Angst vor der Pest schnell wieder hinter sich ließ. Er besuchte Douai, Vaucelles und Liessies, die Dünenabtei, Saint-Winoc, Saint-Bertin, Clairmarais usw. In Bonnefontaine traf er mit dem Prior Bertrand Tissier, Herausgeber der Bibliotheca patrum Cisterciensium, zusammen. Im August 1669 war er wieder in Cîteaux, von wo aus er Mabillon brieflich über seine Reise berichtete.

Erschwert wurde De Lannoys Arbeit durch die Kriege Ludwigs XIV., besonders die Rückeroberung der Franche Comté 1673/74. Die noch von den Plünderungen des Dreißigjährigen Krieges traumatisierten Mönche brachten hastig die Archive in Sicherheit, die dadurch in Unordnung gebracht und zerstreut wurden. Auch war seit der Katalogisierung der Bestände durch Abt Jean de Cirey 1480/82 und der Einrichtung einer neuen Bibliothek im Südflügel durch seinen Nachfolger Jacques Theuley 1507 viel Zeit vergangen und die Archivbestände an mehreren Orten verteilt. Nachdem der Friede in Burgund wiederhergestellt war, zog De Lannoy die Sammlungen wieder zusammen und begann mit der Inventarisierung der Manuskriptbestände und einer Neufassung des Katalogs – als Antwort auf eine Bitte des Bibliothekars von St. Viktor in Paris, Charles Le Tonnelier († 1687), der eine umfangreiche Zusammenstellung verschiedener privater, kirchlicher und klösterlicher Manuskriptkataloge unternahm, die heute in der Bibliothèque de l’Arsenal in Paris aufbewahrt wird (ms. 4630). Der Catalogus Librorum Mss. Cistercii umfasst die Folios 352 bis 370. Ein Teil des von De Lannoy erstellten Originals befindet sich in der Bibliothèque nationale (ms BNF Latin 14615). Das von De Lannoy noch konsultierte Handschriftenverzeichnis der Abtei von 1366 ist heute verloren.

Jacques De Lannoy starb am 4. Mai 1680 im Alter von 50 Jahren; sein letzter Brief (an Luc d’Achery) datiert vom 29. Februar 1680.

gge, Feb. 2019

  1. Eine Anspielung auf die drei benediktinischen Gelübde stabilitas, conversio morum und oboedientia.

Daten:

Prof.: 17. Okt. 1656.

Literatur:

Damongeot-Bourdat, Marie-Françoise: Le « bon père » Jacques De Lannoy (1630–1680) et les manuscrits de la bibliothèque de Cîteaux, in: Mélanges cisterciens 2012. Bégrolles-en-Mauges: Abbaye de Bellefontaine 2012, S. 437–448.

Zitierempfehlung: De Lannoy, Jacques, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 8.02.2019, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/De_Lannoy,_Jacques

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