Berthold Gamerith
58. Abt von Zwettl 1808–1828
* 12. Dez. 1758 Altenburg, NÖ
† 28. Aug. 1834 Zistersdorf
Berthold Gamerith, Taufname Johannes, besuchte die Stiftsschule in Altenburg und studierte in Horn und am Generalseminar in Wien. 1782 in das Stift Zwettl eingetreten und 1789 zum Priester geweiht, war er Pfarrverweser von St. Wolfgang, ehe er am 5. Oktober 1808 mit 18 von 34 Stimmen zum Abt gewählt und am 13. Oktober d. J. in St. Pölten von Bischof Crüts infuliert (benediziert) wurde. Die kaiserliche Bestätigung datiert vom 13. Februar 1809. Kandidat der Gegenpartei war der Prior Benedikt Widhalm (1750–1828) gewesen, den auch der Bischof favorisiert hatte.
Gamerith übernahm das Stift in wirtschaftlich gutem Zustand, ruinierte es aber während seines Abbatiats völlig, um seinen eigenen Lebensstil zu finanzieren. Zum Teil trugen zum wirtschaftlichen Niedergang aber auch die äußeren Umstände bei. Seine ersten Amtsjahre fielen in die Zeit der napoleonischen Kriege. Mehrmals wurde das Stift von kaiserlichen und französischen Truppen heimgesucht. 1809 lagerte die kaiserliche Hauptarmee in Zwettl. Die durch die Einquartierungen verursachten Kosten wogen umso schwerer, als die Ernten der stiftlichen Weingüter (Nussdorf, Gobelsburg, Zwettl) wegen der Plünderungen nicht eingebracht werden konnten, wodurch dem Stift ein Schaden in Höhe von rund 150.000 Gulden entstand. Dazu kamen die ständigen Kontributionen von 60.000 Gulden und die staatliche Finanzkrise und die Geldentwertung von 1811. Abt Berthold ließ den alten Pfarrhof Zistersdorf verkaufen und das aufgehobene Franziskanerkloster Zistersdorf zum neuen Pfarrhof umbauen. Die schwer beschädigte Nikolaikirche in Zwettl wurde abgebrochen und die Franziskanerkirche zur Pfarrkirche erhoben. Hinzu kamen die Ablieferung des Kirchensilbers und der erzwungene Verkauf des Stiftshofs in Wien 1812, für den er eine Schuldverschreibung erhielt.
Trotz der angespannten Finanzlage erhöhte Abt Berthold den Aufwand für seinen eigenen Lebenswandel. Er verkaufte Weingärten, kaufte ein Grundbuch in Hadersdorf und viele Bücher und Münzen, die er in der Stiftsbibliothek ausstellen ließ. Die Landwirtschaft des Stiftes vergrößerte er durch die Urbarmachung bisher wenig benutzter Gründe. In Gobelsburg ließ er einen Wein- und Obstgarten anlegen. Kritiker seines Lebenswandels, wie den P. Joseph Schmid, entfernte er aus dem Kloster, indem er sie auf auswärtige Pfarrhöfe versetzte.
Abt Bertholds anstößiger Lebenswandel – man warf ihm u.a. Alkoholmissbrauch und Frauengeschichten vor – kam bei einer bischöflichen Visitation 1817 erstmals in Form einer Anklageschrift zur Sprache. Aufgrund dieser Anklageschrift wurde auch Anzeige bei der staatlichen Behörde erstattet, die aber folgenlos blieb, da der Staatsrat ein Tischgenosse des Abtes war. Die anhaltende missbräuchliche Wirtschaftsführung des Abtes führte schließlich dazu, dass der Kämmerer P. Adalbert Pfeiffer um Aufhebung des Stiftes ersuchte und sein Amt niederlegte. Erst als Pfeiffer drohte, sich direkt an den Kaiser zu wenden, kam es 1822 zu einer weiteren Visitation durch Propst Anton Buchmayer, die aber keine weitere Folge hatte als dass Pfeiffer zu einer einjährigen Bußzeit in das Stift Lilienfeld versetzt wurde.
Erst im Januar 1825 wurde Gamerith die alleinige Verantwortung für das Stift entzogen und ihm der Prior Benedikt Widhalm und der Kämmerer Anton Hanböck als Administratoren zur Seite gestellt. Als der St. Pöltener Bischof Frint den Abt bei einer Visitation am 14. Juli 1828 betrunken antraf, erstattete er dem Kaiser Bericht und forderte die Absetzung Gameriths. Der erklärte am 21. Oktober 1828 auf allerhöchsten Befehl seine Abdankung; am 8. November folgte die Resignation in spiritualibus und am 12. November bestimmte das Konsistorium den Prior und Ruraldechanten Joseph Schmid zum interimistischen Spiritualadministrator, der auch gemeinsam mit dem Kämmerer P. Anton und dem Kellermeister P. Bernhard die Temporaladministration übernahm. Abt Berthold wurde nach Lilienfeld beordert, was er als Demütigung und Bestrafung empfand. 1833 wurde er mit Erlaubnis der Regierung des milderen Klimas wegen nach Zistersdorf versetzt, wo er am 28. August 1834 starb. Auf seinem Grabstein in Zistersdorf ließ er die (angeblich selbstverfasste) lateinische Inschrift anbringen: „Dieses ersehnte Grab deckt Berthold, den Abt, und seine Tränen.“ Erst im Juni 1834 hatte sich das Stift finanziell soweit erholt, dass mit Julius Hörweg wieder ein Abt gewählt werden konnte.
gge, Okt. 2009, rev. Feb. 2019
Daten:
Prof.: 15. Dez. 1782; Sac.: 1789; Abbas: el. 5. Okt. 1808, ben. 13. Okt. 1808.Werke:
Von der Würde des Priesters und den Pflichten der Christen gegen die Priester. Predigt, gehalten bei der Primiz des P. Joseph Schmid, Cisterciensers im Stifte Zwettl. 1804. Wien, Druck von Schmid 1804 (Digitalisat) · Beschreibung des Bezirkes Zwettl V. 0. M. B., in: Verhandlungen der k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft, 2. Bd., 1. Heft, Wien 1820.Literatur:
Beiträge zur Geschichte der Cistercienser-Stifte. Wien : A. Hölder, 1891, S. 160f. (Stephan Rössler) · Johann von Frast: Topographie des Erzherzogthums Oesterreich. Das Decanat Groß-Gerungs und das Stift Zwettl (Wien 1838) S. 185 · Schütz, Eva Maria: Studien zur Geschichte des Stiftes Zwettl unter Abt Augustin Steininger (1847–1875). Dissertation, Wien 1981.Vorlage:Page.name: GAMERITH, Berthold (1758–1834) – Biographia Cisterciensis