Martin, Jean

Jean Martin

Jean Martin

Abt von Clairlieu 1604–1631

† 12. März 1631 Nancy

Jean Martin, Professe von Morimond und Bakkalaureus der Theologie, wurde am 20. August 1604 unter der Leitung des Vaterabtes Gabriel Montrichier von Bithaine zum Regularabt der Abtei Clairlieu in Viller-lès-Nancy gewählt und trat sein Amt noch am selben Tag an. Über seine Herkunft und Geburt ist nichts bekannt, auch nicht, wann er in Morimond eingetreten ist. Zum erstenmal erscheint er 1601 als Titularabt von Wörschweiler[1] auf dem Großen Generalkapitel in Cîteaux[2]. 1605 wurde er vom Generalkapitel gemeinsam mit dem Generalprokurator Vincent Longuespée zum Kommissar des Ordens für Deutschland, Schwaben und Tirol bestellt.[3]

In der Abtei Clairlieu, die bis zu seinem Amtsantritt 63 Jahre in Kommende gewesen war und deren Konvent nur noch aus acht Professmönchen bestand[4], begann Abt Martin sofort mit Reformen. Auf der Grundlage der am 1. April 1570 durch den Generalabt Jérôme Souchier veröffentlichten Ordonnances erließ er ein Règlement mit Anweisungen für das tägliche Leben der Mönche wie z.B. Ernährungsvorschriften. Auch der Abt war demselben Réglement unterworfen, speiste jedoch an seinem eigenen Tisch in der Prälatur. Klösterliche Armut, Stille und Klausur werden nicht erwähnt, sie wurden wohl für selbstverständlich gehalten. Dieses von Jean Martin, dem Abt von Morimond, dem Subprior Bernard Felix und fünf Konventualen unterzeichnete Réglement gleicht dem 1628 von Bernard de Montgaillard, mit dem Martin freundschaftliche Kontakte unterhielt, für Orval erlassenen Regiment, das darüber hinaus aber noch an den strengeren Vorgaben der strikten Observanz ausgerichtet war.

Bald ließ Abt Jean in Clairlieu eine Druckerei einrichten, vielleicht weil bei einigen Visitationen in den Klöstern ein Mangel an liturgischen Büchern festgestellt worden war. [5] 1606 wird der aus Troyes stammende Jean Savine als Drucker genannt, der zuvor in Cîteaux tätig gewesen war.[6] Die Druckerei bestand bis etwa 1610/11 am Ort und wurde dann nach Nancy verlegt. Sie verhalf Clairlieu, wie Henri Lepage in seiner Geschichte der Abtei Clairlieu (1855) bemerkt, zu einem letzten, vorübergehenden Glanz („un dernier et passager éclat“) und wurde für die Schönheit ihrer Schrifttypen gerühmt. Über ihren Betrieb sind keine Nachrichten überliefert, auch die meisten Druckerzeugnisse sind verloren. Von den zwischen 1606 und 1614 gedruckten Büchern sind etwa ein Dutzend in der Bibliothèque municipale in Nancy erhalten, darunter ein lateinisches Gedicht über das Leben des hl. Bernhard von Clairvaux (Vita et miracula Sancti Bernardi primi Claraevallis abbatis et praecipui Sacri Cisterciensis ordinis, a quodam ipsius ordinis monacho metrice edita 1606), ein Gedicht über die Beisetzung Karls III. von Lothringen 1608 und eine von Abt Martin zusammengestellte Übersicht über die Zisterzienserklöster (Table des monastères du saint Ordre de Cîteaux, 1609).

Das Generalkapitel von 1601 hatte den Abt von Morimond, Claude Masson, als Visitator für Zentraleuropa eingesetzt, um die Vorgaben des Konzils von Trient in den Klöstern umzusetzen. Es schloss damit an die Visitationsreisen der Generaläbte Nicolas Boucherat und Edmond de La Croix an. Jean Martin begleitete Masson im folgenden Jahr auf seiner Reise, u.a. nach Orval. Eine spätere Visitationsreise führte ihn bis nach Österreich (Neukloster 1608, Lilienfeld 1608, Säusenstein 1608) und Böhmen (Hohenfurt 1608). 1613 wählte ihn das Generalkapitel zum Notar. Am 6. Mai desselben Jahres gehörte er zu den Unterzeichnern eines Briefes an den Kaiser und eines anderen an den Kardinal Rochefoucauld[7]. 1618 ernannte ihn das Generalkapitel im Namen des Abtes von Morimond zum Kommissar für alle Klöster in Ober- und Niederbayern und gab ihm ein Mitspracherecht bei der Finanzverwaltung des Ordens. 1623 wurde er Definitor, ebenfalls im Namen des Abtes von Morimond (seit 1620 Claude Briffault). 1628 beauftragte ihn das Generalkapitel mit der geistlichen und wirtschaftlichen Aufsicht über das 1621 von den Mansfeldischen Truppen eingeäscherte Frauenkloster Königsbrück, dessen Konventualinnen in Straßburg ein Exil gefunden hatten, und stattete ihn mit den nötigen Vollmachten aus.

Wie groß die Wertschätzung der Ordensleitung für Abt Martin war, erhellt auch daraus, dass ihn Generalabt Boucherat 1624 zum Administrator der nicht zur Filiation von Morimond gehörenden Primarabtei Clairvaux ernannte, um dort den nach dem Tod des Abtes Denis Largentier zwischen den Anhängern der gewöhnlichen und der strengen Observanz entstandenen Streit um die Leitung des Klosters zu beenden. Martin setzte den Prior Jean Huproye, Anführer der Reformpartei (Abstinenten), in Kerkerhaft und bestätigte den Neffen des Verstorbenen, Claude Largentier, als rechtmäßigen Abt.

Außer seiner 1628 erfolgten Aufsicht über das Zisterzienserinnenkloster Königsbrück sind über Martins letzte Lebensjahre keine Nachrichten überliefert. Eine alte Chronik konstatiert nur seinen Tod am 12. März 1631 in Nancy. Seine sterblichen Überreste wurden wahrscheinlich in der Abteikirche oder im Kapitelsaal beigesetzt.

gge, August 2017

  1. Wörschweiler war eine 1558 durch den protestantischen Landesherrn Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken aufgehobene Zisterzienserabtei bei Homburg/Saar, für deren im Herzogtum Lothringen gelegene ehemalige Besitzungen Verwalter ernannt wurden, die den Abttitel von Wörschweiler trugen.
  2. Das Generalkapitel 1601 wurde auch das Große Kapitel (Grand Chapitre) genannt, weil an ihm über 1000 Delegierte teilnahmen.
  3. Leonhard Scherg: Die Germaniker und die Reform des Zisterzienserordens, in: Analecta Cisterciensia 53 (1997), S. 130–207, bes. S. 159
  4. Konversen waren keine mehr vorhanden.
  5. 1609 erteilte ihm das Generalkapitel den Auftrag, für den Druck der Ordensbücher zu sorgen. Vgl. Leonhard Scherg: Die Germaniker und die Reform des Zisterzienserordens, in: Analecta Cisterciensia 53 (1997), S. 130–207, bes. S. 160
  6. Vgl. Stéphane Gaber et al., „Jean Savine, imprimeur de l'abbaye de Clairlieu au XVIIe siècle„, in: Villers au fil des temps, n° 3, 1980, S. 26–42 und Ders.: Du nouveau sur Jean Savine, imprimeur de l'abbaye de Clairlieu au XVIIe siècle", Villers au fil des temps, 8 (1988), S. 25–28.
  7. François de La Rochefoucauld (1558–1645), Bischof von Clermont-Ferrand und Senlis, Großalmosenier von Frankreich und eine der wichtigsten Gestalten der französischen Gegenreformation; Kardinal seit 1607.

Daten:

Abbas: el. 20. Aug. 1604.

Literatur:

Grégoire, Paul-Christian: Jean Martin, abbé de Clairlieu (1604–1631), in: Mémoires de l'Académie de Stanislas, Bd. 27, Nancy 2012/2013, S. 211ff. · Ders.: Dom Jean Martin, Clairlieu et la réforme cistercienne, in: Villers au fil des temps, 1988, n°8, S. 17–24 · Ders.: Clairlieu : espace de lumière, empreinte d'une abbaye. Woippy: Serpenoise, 2011 ISBN 978-2-87692-882-4 · Lepage, Henri: L'Abbaye de Clairlieu, ordre de Citéaux., in: Bulletins de la Société d'Archéologie lorraine 5 (1855), S. 97–215.

Zitierempfehlung: Martin, Jean, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 8.11.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Martin,_Jean

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