Steinegger, Sebastian

Sebastian Steinegger

Sebastian Steinegger

41. Abt der Zisterzienserabtei Wettingen; Generalabt der Schweizer. Zisterzienserkongregation: 12. Dez. 1806 bis 10. April 1807

* 7. Sep. 1736 Lachen
† 10. April 1807

Sebastian Steinegger, Sohn des Kranz Michael Steinegger und der Maria Regina Elisabeth Faßbind, wurde am 7. September 1736 in Lachen geboren und am folgenden Tag auf den Namen Franz Karl getauft. Als Dreizehnjähriger kam er an die Klosterschule Wettingen und trat im Herbst 1753 in das Noviziat ein. 1760 zum Priester geweiht, wurde er als Lehrer für Theologie und Philosophie an der Hauslehranstalt und nebenbei als Brüdermagister (1763–1767) eingesetzt. Abt Kaspar Bürgisser (reg. 1765–1768) sandte ihn schließlich als Pfarrer nach Würenlos, eine Aufgabe, die Steinegger später als seine »Lieblingsbeschäftigung«  bezeichnete. In diesem Amt sollte er aber nicht lange bleiben, denn nach Abt Kaspars plötzlichem Tod 1768 wurde Steinegger unter dem Vorsitz des Abtes Anselm Schwab von Salem selbst zum Abt gewählt, erst 32 Jahre alt. Die Benediktion empfing er – nach dem Eingang der päpstlichen Bestätigung – am 16. Juli 1769 durch den Nuntius Luigi Valenti Gonzaga in der Jesuitenkirche in Luzern. Assistenten waren die Äbte Leodegar Salzmann OSB von Engelberg und Benedikt Pfyffer von St. Urban.

Die ersten zwanzig Jahre der Amtszeit Steineggers verliefen insgesamt ruhig. Er leitete sein Kloster, kümmerte sich um die damals noch sieben Wettingen unterstellen Frauenklöster, reiste zu den Generalkapiteln nach Cîteaux[1] und war auch mehrfach in verschiedenen Missionen innerhalb der schweizerisch-elsässisch-breisgauischen Provinz der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation tätig, innerhalb derer der Abt von Wettingen eine zwar informelle, aber führende Position hatte. Steinegger scheint sich auch mit dem Plan getragen zu haben, in Wettingen einen komplett neuen Klosterbau nach dem Vorbild der Mutterabtei Cîteaux zu errichten. Das Porträt des kaiserlichen Hofmalers J.B. Höchle zeigt ihn mit einem detaillierten Plan in der Hand und der Ordenshistoriker Dominikus Willi spricht von einem Holzmodell des Klosters, das aber nicht erhalten ist. Zur Ausführung des Plans scheint es zunächst aus Geldmangel nicht gekommen zu sein. Später machten die Französische Revolution und die Helvetik allen Neubauplänen ein Ende.

Steinegger bemühte sich um einen Mittelweg zwischen Ordensideal und Aufklärungsideen. Innerhalb des Konvents kam es mit der Zeit zu erheblichen Spannungen und Auseinandersetzungen. Hatte schon die knappe Wahl Steineggers (19 von 31 Stimmen im dritten Scrutinium) die fehlende Einheit des Konvents gezeigt, stieg die Unzufriedenheit einer Gruppe von Mönchen mit der Zeit immer mehr an. Nach einer Ämtermutation 1792 kam es zu einem „offenen Kampf“ gegen die Autorität des Abtes, infolge derer schließlich zwei Mönche das Kloster verließen.

Als 1790 infolge der Revolution das Stammkloster Cîteaux aufgehoben wurde, übertrug Generalabt Trouvé dem Abt von Salem, Robert Schlecht, seine Vollmachten und Rechte und ernannte ihn zum Generalvikar der Oberdeutschen Kongregation. Gleichzeitig beauftragte er ihn, dem Abt von Wettingen die Aufsicht über die Schweizer und Elsässer Zisterzienserklöster zu übertragen. Nachdem 1803 auch das Mutterkloster Salem säkularisiert worden war, setzte sich Steinegger für die Rettung der noch bestehenden Schweizer Zisterzen[2] ein. Auf seine Initiative hin wurde im Dezember 1806 die Schweizerische Zisterzienserkongregation gegründet, zu deren erstem „Generalabt“ ihn Papst Pius VII. am 12. Dezember 1806 ernannte.

Angesichts des drohenden Einmarsches französischer Revolutionstruppen 1798 wollte Steinegger aufgrund der vom helvetischen Direktorium erlassenen Ordensgesetze und im Hinblick auf die gefährliche Lage zunächst fliehen, blieb aber in Wettingen und konnte so den Konvent zusammenhalten. Trotz der andauernden Einquartierung französischer Truppen und dem Durchzug von Schweizer Soldaten, die auch bewirtet werden mussten, wurde das Chorgebet niemals unterbrochen. Die einzige, nur mit Widerstreben zugestandene und angenommene Erleichterung bestand darin, dass der Nachtgottesdienst, statt um zwei Uhr erst um drei Uhr morgens begann. Auch wurde, da man jeden Augenblick fluchtbereit sein musste, die Tonsur nicht mehr getragen.[3] Mehrfach leistete das Kloster Geldzahlungen an die Kantonsregierung zur Finanzierung der Grenztruppen. Als der Flüchtlingsstrom französischer Emigranten die Schweiz erreichte, bot auch das Kloster Wettingen zahllosen durchreisenden Flüchtlingen, meist Geistliche und Angehörige aufgehobener Klöster, Unterkunft, teilweise über die eigenen Möglichkeiten hinaus. Der Großkellner und spätere Abt, P. Benedikt Geygis, berichtet, dass es über die Zeit von achteinhalb Jahren über 40.000 Menschen gewesen sein sollen[4][5].

Um den Weiterbestand des Klosters in der Zeit der Mediation zu ermöglichen und gegenüber dem Kanton Aargau eine sichere Position zu haben, befasste sich Abt Sebastian von 1804 an intensiv mit Schulfragen und wurde Mitglied des aargauischen Schulrates. Er starb als Professjubilar am 10. April 1807, morgens fünf Uhr, und wurde im Mittelschiff der Klosterkirche bestattet. Nebst einer großen Briefsammlung hinterließ er ein mustergültiges Diarium in zwei Foliobänden, beginnend am Tag seiner Wahl, endend 1784. Zu seinem Nachfolger wurde Benedikt Geygis gewählt, Nachfolger als Generalabt wurde satzungsgemäß der Abt von St. Urban, Ambros Glutz.

gge, Dez. 2010, rev. Dez. 2018

  1. Im Generalkapitel 1771 war er Confessarius Capituli Generalis, Consultor und Receptor Excusationum und hielt am 26. September das Pontifikalamt. Im Generalkapitel 1781 war er 2. Definitor für die Linie Cîteaux und hielt vor der 16. Sitzung das Pontifikalamt.
  2. Die Männerabteien Wettingen, St. Urban und Hauterive (Altenryf) und die Frauenabteien Maigrauge/Magerau, Fille-Dieu/Romont, Eschenbach, Rathausen, Mariazell-Wurmsbach, Magdenau, Tänikon, Frauenthal, Kalchrain, Feldbach und Gnadenthal.
  3. Sie wurde erst 100 Jahre später (1893) wieder obligatorisch.
  4. Darunter ein Kardinal, ein Erzbischof, elf Bischöfe, sieben Äbte und mehrere Prinzen von Geblüt.
  5. B. Geygis: Geschichte des Gotteshauses Wettingen in der Revolution, in: Cistercienser Chronik 5 (1893), Nr. 47–58

Daten:

Prof.: 20. Okt. 1754; Subdiac.: 23. Sep. 1758; Diac.: 31. Mai 1760; Sac.: 20. Sep. 1760; Abbas: el. 11. Okt. 1768, conf. 17. Juni 1769, ben. 16. Juli 1796 (Luzern, Nuntius Gonzaga).

Literatur:

Kottmann, Anton: Die Cistercienser-Abtei Wettingen 1863–1803, in: Argovia : Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau 70 (1958) (=Diss. Freiburg/Schweiz) · Willi, Dominikus: Album Wettingense: Verzeichnis Der Mitglieder Des Exemten Und Konsistorialen Cistercienser-Stiftes B. V. M. de Marisstella Zu Wettingen-Mehrerau 1227–1904. Limburg a. d. Lahn, Limburger Vereinsdruckerei, 1904, Nr. 762 · Ders.: Zur Geschichte des Klosters Wettingen-Mehrerau, in: Cistercienser Chronik 14 (1902), S. 178–179 · Helvetia Sacra III/3, S. 485–486.

Zitierempfehlung: Steinegger, Sebastian, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 19.12.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Steinegger,_Sebastian

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