Stephan von Lexington

Stephan von Lexington

Stephan von Lexington

Abt der Zisterzienserklöster Stanley (ca. 1223–1229), Savigny (1229–1243) und Clairvaux 1243–1256; Gründer des Collège Saint-Bernard in Paris

* um 1198 Laxton, Nottinghamshire
† 1258 Ourscamp, Frankreich

Stephan von Lexington oder Lexinton war einer der vier Söhne Richards von Lexington, dessen Name sich von dem Ort Laxton in Nottinghamshire ableitet, den ihm König Johann übertragen hatte. Dort wurde Stephan vermutlich geboren. Sein ältester Bruder, Robert von Lexington, machte eine glänzende Karriere als königlicher Richter; ein anderer Bruder, Johann von Lexinton, wurde Haushofmeister König Heinrichs III. und ein dritter Bruder, Heinrich von Lexington, wurde Bischof von Lincoln (1253–1258).

Stephen studierte die freien Künste (Artes liberales) in Paris. Am 23. Mai 1215 erhielt er von der Krone die Präbende von „Scrophul“ und Oxton an der Kathedrale von Southwell. Er begann ein Theologiestudium in Oxford, in der Schule Edmunds von Abingdon (gest. 1240), brach aber, offenbar mit Edmunds Ermutigung, seine akademische Laufbahn zusammen mit sechs anderen Studenten ab, um in die Zisterzienserabtei Quarr auf der Isle of Wight einzutreten, gemäß den Annalen von Dunstable im Jahr 1221.

1223 wurde Stephen zum Abt von Stanley in Wiltshire gewählt, einem Tochterhaus von Quarr und Teil der großen Filiation von Savigny. Während seiner Zeit als Abt von Stanley wurde er 1226 vom Generalkapitel mit der Visitation der irischen Ordenshäuser beauftragt, um die Disziplin wiederherzustellen, die in der Abtei Mellifont und den von ihr abhängigen Klöstern stark nachgelassen hatte. Dass er 1229 zum Abt und Vorsteher der Kongregation von Savigny gewählt wurde, verdankte er wahrscheinlich seinem Erfolg bei dieser schwierigen Mission. 1230 erstellte er eine Wirtschaftsordnung für das Kloster Savigny, um der Misswirtschaft zu begegnen.

Im Frühjahr 1241 wurde er in die Katastrophe verwickelt, die die Prälaten ereilte, die zu dem von Gregor IX. (reg. 1227–1241) einberufenen Generalkonzil nach Rom reisten. In Begleitung seines Bruders Johann, der als Prokurator Heinrichs III. am Konzil teilnehmen sollte, gelang es ihm, sich aus den Fängen der Kaiserlichen zu befreien, nachdem die pisanische Flotte auf Befehl Kaiser Friedrichs II. die genuesischen Schiffe angegriffen hatte, die die Prälaten (Bischöfe und Äbte, darunter die von Cluny und Clairvaux, sowie drei päpstliche Kardinallegaten) zum Konzil bringen sollte (Seeschlacht von Giglio, 3. Mai 1241). 1243 wurde Stephan zum Abt von Clairvaux gewählt, als Nachfolger des Abtes Wilhelm, der in Italien in der Kerkerhaft gestorben war. In seiner Position als Oberhaupt des vornehmsten Tochterhauses von Cîteaux prägte er den Zisterzienserorden nachhaltig.

Stephans eigene akademische Ausbildung und seine Erfahrungen als Visitator in Irland hatten ihn von der Notwendigkeit überzeugt, im Orden ein akademisches Studiensystem einzurichten, um sicherzustellen, dass der Ordensnachwuchs theologisch gebildet und in den Grundsätzen und Idealen des Zisterzienserordens angemessen unterwiesen wurde. So griff er einen Plan seines Vorgängers Abt Evrard auf und erwirkte die Zustimmung des Generalkapitels und des Papstes zur Errichtung eines Studienhauses für die Zisterzienser in Paris. Der Bau des Kollegs, das zunächst nach seinem Standort Cardonetum (Chardonnet, Ort der Disteln)[1] genannt wurde, begann 1247, bis 1250 hatten die Mönchsstudenten ihre Wohnungen bezogen. Das Kolleg unterstand der Jurisdiktion des Abtes von Clairvaux, der seinen Leiter (Provisor) ernannte. Stephans Pläne gingen aber noch weiter. Er hatte das Generalkapitel von 1245 davon überzeugt, dem Orden ein koordiniertes Studiensystem nach dem Vorbild der Dominikaner aufzuerlegen. Es wurde verfügt, dass jeder Abt, der dazu in der Lage und bereit war, eine Schule für seine Mönche einrichten sollte, und dass jede Provinz ein spezialisiertes Studienhaus für Theologie einrichten sollte, zu dem geeignete Mönche aus anderen Provinzen für weitergehende Studien geschickt werden konnten.

Dieser Plan, Mönche auf externe Schulen zu schicken, stieß bei einigen Teilen des Ordens auf heftigen Widerstand, so dass Stephan 1256 vom Generalkapitel seines Amtes enthoben wurde, unter dem Vorwand, er habe ein päpstliches Privileg erlangt, das den Ordensstatuten widersprach. Einflussreiche Freunde in Rom, darunter der Zisterzienserkardinal Johannes von Toledo, der seine Pläne unterstützte, sorgten jedoch dafür, dass Abt Guy von Cîteaux von Papst Alexander IV. angewiesen wurde, Stephan wieder einzusetzen. Um weitere Konflikte zwischen dem Papst und dem Generalkapitel zu vermeiden, intervenierte – wahrscheinlich auf Betreiben Stephans selbst – König Ludwig IX. beim Papst und drängte darauf, dass die Absetzung Bestand haben sollte. Stephan zog sich in die Abtei Ourscamp (Oise) zurück, wo er 1258 starb.

Sein Projekt jedoch überlebte ihn. Das sog. Chardonnet blühte weiter auf. Noch vor dem Ende des Jahrhunderts hatten die Zisterzienser weitere Kollegien an den Universitäten Oxford, Montpellier und Toulouse, deren Verfassung jeweils der des Pariser Kollegs nachempfunden war. Stephan hinterließ auch einen Band mit Briefen, der eine wertvolle Quelle für die Geschichte seines Ordens darstellt.

gge, Feb. 2023

  1. Der Name besteht noch heute weiter in der Kirche Saint-Nicolas-du-Chardonnet an der Ecke der Rue des Bernardins zur Rue Saint-Victor im Pariser 5. Arrondissement.

Literatur:

Griesser, Bruno: Conductus domus sapienter staturate. Die Wirtschaftsordnung des Abtes Stephan Lexington für das Kloster Savigny (1230), in: Cistercienser Chronik 58 (1951), S. 13–28; lat. Text in: Analecta Sacri Ordinis Cisterciencis 8 (1952), S. 224–232 · Ders.: Stephan Lexington, Abt von Savigny, als Visitator der ihm unterstehenden Frauenklöster, in: Cistercienser Chronik 67 (1960), S. 14–34 · Ders.: Registrum epistolarum Stephani de Lexinton, Analecta Sacri Ordinis Cisterciencis 2 (1946), S. 1–118 und 8 (1952), S. 181–378 C. H. Lawrence: Lexinton, Stephen of (c.1198–1258), in: Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861411-X · Ders.: Stephen of Lexington and Cistercian University Studies in the Thirteenth Century, in: The Journal of Ecclesiastical History, Band 11, Heft 2, October 1960, S. 164–178 · B. W. O'Dwyer: The Problem of Reform in the Irish Cistercian Monasteries and the Attempted Solution of Stephen of Lexington in 1228, in: The Journal of Ecclesiastical History, Band 15, Heft 2, Oktober 1964, S. 186–191.

Normdaten:

GND: 100961363 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Stephan von Lexington, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 3.02.2023, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Stephan_von_Lexington

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