Wiegels, Bernhard

Bernhard Wiegels

Bernhard Wiegels

50. und letzter Abt des Klosters Kamp 1785–1802

* 16. Juli 1738 Uerdingen
† 21. Juli 1812 ebenda

Bernhard Wiegels, Taufname Theodor Wilhelm, wurde am 16. Juli 1738 in Uerdingen (heute zu Krefeld) als Sohn des Johann Peter Wiegels und seiner Frau Adelheid geb. Kreitz geboren. Seine Familie, die als „angesehen und wohltätig“ beschrieben wird, war mit der des ebenfalls aus Uerdingen stammenden Abtes Martin Fabritius verwandt oder verschwägert.[1] Ein Friedrich Wilhelm Wiegels wird 1730/31 in Uerdingen als Bürgermeister genannt. Ein Verwandter des Abtes, Balthasar Wiegels, war Prämonstratenser im Kloster Knechtsteden, wurde dort Kantor und Kämmerer und 1752 Pfarrer in Oirsbeek. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden auch zur Familie Kreitz, der der Bürgermeistersohn und 1775 in Kamp eingetretene Johann Josef Kreitz entstammte.

1760 in die Zisterzienserabtei Kamp eingetreten, legte Wiegels am 3. Mai 1761 die Profess ab und wurde 1763 zum Priester geweiht. 1773 wurde er Pfarrer in Kamp und 1778 Prior und Beichtvater im Zisterzienserinnenkloster Burbach. Am 18. April 1785 wurde er unter dem Vorsitz Abtes Franz Cramer von Altenberg als Kommissar des Vaterabtes Antoine Chautan de Vercly von Morimond zum Abt gewählt.[2] Die nach den Ordensregeln vollzogene Wahl führte zu heftigen Differenzen mit dem Kölner Kurfürsten Max Franz, der – wie schon bei der Wahl des verstorbenen Abtes Eugenius Reinartz – versucht hatte, einen kurfürstlichen Kommissar zur Wahlhandlung zu schicken. Der Wahltag war deswegen zweimal verschoben worden. Die Benediktion erteilte Weihbischof Karl Alois von Königsegg-Aulendorf, in Gegenwart des hierzu vom Erzbischof bestellten Kommissars de Frantz, am 28. August 1785 in der Abteikirche. Assistenten waren die Äbte Anselm Aldenhoven von Brauweiler (OSB) und Franz Cramer von Altenberg.

Abt Wiegels war, wie sein Mitbruder Friedrich Michels berichtet, ein Mann von strenger Religiosität, die in manche seiner Handlungen eine gewisse „Bangigkeit und Unentschlossenheit“ brachte. Er ließ sich daher von Männern seiner Umgebung leiten, unter denen besonders sein „Gewissensrat“, der o.g. Küchenmeister Johann Josef Kreitz, ein „Mann von hellem Kopf“, und der Syndikus der Abtei, der gelehrte Jurist Andreas Stündeck, gehörten. Er selber besaß nur die theologischen Kenntnisse, die zur Führung eines Pfarramtes der damaligen Zeit gefordert wurden, hatte auch ein solches Amt lange verwaltet, erkannte aber, das in den modernen, aufgeklärten Zeiten tiefere wissenschaftliche Kenntnisse auch bei Geistlichen nötig waren, und schickte daher seine jungen Mönche zum Studium an die von Kurfürst Max Franz gegründete Universität Bonn. Zur Vorbereitung der Novizen auf das Studium stellte er im Kloster einen Professor für Philosophie und Mathematik an. 1788 wurde das Archiv neu geordnet und die Bibliothek zu wissenschaftlichen Studien mit den neuesten Werken ausgestattet, 1789 die naturwissenschaftliche und medizinische Bibliothek des Bonner Arztes Dejean und dessen Sammlung von physikalischen, optischen und mechanischen Instrumenten gekauft, deren Handhabung Dejean den Mönchen persönlich demonstrierte. Syndikus Stündeck, Tischgenosse des Abtes, lehrte die Grundlagen der Rechtswissenschaften und ein deutsch-britischer Offizier, Veteran des Amerikanischen Bürgerkrieges, die englische Sprache. Um sich ganz dem Studium widmen zu können, waren die jungen Mönche an den Wochentagen vom Chorgebet befreit, sodass die Abtei gegen Ende des 18. Jahrhunderts eher einem Kollegiatstift als einem Mönchskloster glich.

Allem wissenschaftlichen und künstlerischen Streben machte der Revolutionskrieg ein Ende, dessen Auswirkungen Kamp schon zwei Jahre früher als das restliche Kurfürstentum Köln zu spüren bekam. Nachdem die französische Nordarmee im Herbst 1792 Roermond besetzt hatte, erschien am 18. Dezember 1792 ein Trupp Soldaten im Kloster, um Kriegssteuern zu erpressen. Sie nahmen den Prior Meurer (der Abt war in Köln) und den Küchenmeister Kreitz als Geiseln und brachten sie nach Roermond (wo sie allerdings gut behandelt wurden). Später wurden die beiden Geiseln gegen zwei jüngere Freiwillige ausgetauscht, die – auf dem Transport nach Frankreich – schließlich von Bauern befreit wurden und ins Kloster zurückkehren konnten.

Am 4. Oktober 1794, nachdem der Sieg in der Schlacht bei Fleurus am 26. Juni 1794 den Franzosen den Weg an den linken Niederrhein eröffnet hatte, flüchtete Abt Wiegels mit den meisten Konventualen – fünf blieben in Kamp zurück – an das rechte Rheinufer, wo man in Wesel Paramente und Kirchensilber verkaufte. Das ebenfalls in Sicherheit gebrachte physikalische Kabinett und die Gemäldegalerie wurden später zu einem Drittel ihres Wertes in Amsterdam verkauft, die Bibliothek in Duisburg versteigert.

Am 14. Januar 1795 hielten sich Wiegels und einige Kamper Mönche im Zisterzienserkloster Mariengarden (Groß-Burlo) bei Borken auf, andere im dortigen Schloss Gemen, das man gemeinsam mit den aus dem Stift Averbode in Brabant vertriebenen Prämonstratenser-Chorherren angemietet hatte. Einige Zisterzienser kehrten, nachdem sie erfahren hatten, dass ihnen in Kamp keine Gefahr drohte, wieder ins Kloster zurück. Abt Wiegels hielt sich an verschiedenen Orten auf, in Münster und Paderborn, im Kloster Hardehausen im Kreis Warburg und in Kassel, von wo er in das Kloster Marienfeld bei Harsewinkel reiste. Dort hatte 1792/93 auch der aus Morimond vertriebene Abt Antoine Chautan de Vercly ein Asyl gefunden. Nach Kamp kehrte er nie mehr zurück. Am 10. November 1797 wurde daher der Küchenmeister Nivardus Classen „nach Abgang unseres hochw. Herrn Abtes“ zum Plenipotentiär und Administrator der Abteigüter gewählt. Am 6. August 1802 wurde die Abtei in Ausführung des Dekrets vom 18. Germinal X von Kommissaren Lépine und Thibault aufgehoben, die materiellen Güter beschlagnahmt, die Mönche vertrieben.

Da Bernhard Wiegels keine staatliche Pension erhielt, hatte er Schwierigkeiten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Hatte er zumindest während der ersten Zeit seiner Flucht noch von dem Erlös aus dem Verkauf von Kamper Kircheninventar leben können, zog er schon bald in das Zisterzienserinnenkloster Welver bei Soest ein, wo man ihm bis September 1799 freie Kost und Logis gewährte. Als die Beherbergungskosten jedoch in den Folgejahren zu hoch wurden, ließ die Äbtissin seine persönliche Habe beschlagnahmen. Wiegels musste das Kloster verlassen und ging zu seinem Bruder nach Uerdingen, wo er „in stiller Zurückgezogenheit“ lebte, gelegentlich über „Mangel an Subsistenzmitteln“ klagte und am 21. Juli 1812 „sanft an den Folgen einer während fünf Monate mit musterhafter Geduld überstandenen Abnehmungs-Krankheit“ verschied.

In einer im Oktober/November 1798 beginnenden Korrespondenz mit dem Münsteraner Generalvikar Franz von Fürstenberg und dem Kurfürsten Max Franz hatte sich Abt Wiegels entschieden gegen die – auch von Abt Chautan von Morimond befürwortete – Übergabe des baulich und disziplinarisch heruntergekommenen Zisterzienserpriorats Klein-Burlo an die aus Frankreich vertriebenen sog. Trappisten unter der Führung des Priors Eugène de Laprade gewandt, war aber letztlich ohne Erfolg geblieben.[3][4]

gge, Dez. 2017

  1. Zu den verwandtschaftlichen Beziehungen vgl. „Die Familie Fabritius in Uerdingen“, in: Die Heimath: Wochenblatt für Kunde der niederrheinischen Geschichte Nr. 13, 25. März 1876, S. 52.
  2. Es standen fünf Kandidaten zur Wahl. Von den 23 abgegebenen Stimmen entfielen 16 auf Bernhard Wiegels, vier auf den Subprior Malachias Schmitter sowie jeweils eine auf Adam van Houten, Prior im Zisterzienserinnenkloster St. Mariagraden in Köln, Robert van Nottum, seit 1775 Prior und Beichtiger im adeligen Zisterzienserinnenkloster Welver bei Soest, und den Kamper Kellner Stephan Scheben. Dieses Abstimmungsergebnis einer Abtwahl in Kamp ist das einzige, das in seinen Einzelheiten bekannt ist.
  3. Zur Übergabe an die Trappisten kam es trotzdem vorläufig nicht. Erst am 29. September 1804, nachdem Klein-Burlo durch den Reichsdeputationshauptschluss an die Rheingrafen von Salm-Grumbach gefallen war, gelang es den Trappisten, das seit April/Mai 1800 leerstehende Kloster und die Landwirtschaft für 20 Jahre zu pachten. Am 1. November 1804 war die Übersiedlung der Trappisten von Darfeld nach Klein-Burlo abgeschlossen.
  4. Friedlaender, Ernst: Geschichte der Trappisten im Münsterlande, in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde, 12. Jahrgang, Berlin, 1875, S. 63–125, bes. S. 74–90 und Die Bemühungen zur Anpachtung Klein-Burlos, in: Knoll, Wilhelm: 30 Jahre Trappistenniederlassung in Darfeld, Aachen 2012, S. 141–150, 157.

Daten:

Prof.: 3. Mai 1761; Sac.: 1763; Abbas: el. 18. April 1785, ben. 28. Aug. 1785.

Literatur:

Michels, Friedrich: Geschichte und Beschreibung der ehemaligen Abtei Camp bei Rheinberg. Krefeld: Funcke, 1832, S. 83–84 · Dicks, Matthias: Die Abtei Camp am Niederrhein. Geschichte des ersten Cistercienserklosters in Deutschland. Kempen, 1913 (Unveränderter Nachdruck: Moers: Steiger, [1978]), S. 551ff. · Arbogast, Alois Wolfgang: Porträt des letzten Kamper Abtes im Kramer-Museum zu Kempen: Bernhard Wiegels unter den Honoratioren im Rokoko-Saal, in: Der Niederrhein 61 (1994), S. 243–246 · Spitzner-Jahn, Albert: Abt Bernhard Wiegels und die Aufhebung der Abtei Kamp, in: Jahrbuch des Kreises Wesel 24, 2003 (2002), S. 62–73 · Hofmann, Fritz: Bernardus Wiegels, letzter Abt des Klosters Kamp, und die Säkularisation am linken Niederrhein (bearbeitet und ergänzt von Paul Wietzorek), in: Der Niederrhein 70,4 (2003), S. 196–199 · Joerißen, Peter: Der letzte Abt von Kamp und die „Rote Kapelle“, in: Museum Kloster Kamp / Hrsg.: Geistliches und Kulturelles Zentrum Kloster Kamp e.V. Hürth (Schriften des Museums Kloster Kamp ; 1), 2005, S. 86–95 · Torsy, Jakob: Die Weihehandlungen der Kölner Weihbischöfe 1661–1840: nach den weihbischöflichen Protokollen. Studien zur Kölner Kirchengeschichte Band 10, 1969, S. 91.

Normdaten:

GND: 189544880 · BEACON-Findbuch · CERL: cnp01417605

Zitierempfehlung: Wiegels, Bernhard, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 18.12.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Wiegels,_Bernhard

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